Das Kätzchen und der Christbaum

Katze

Von ihrem Körbchen aus, direkt unter dem Kachelofen, hat Mira einen besonders guten Blick auf das ganze Zimmer. Von hier aus kann sie fast den ganzen Raum einsehen und ist dabei noch selbst kaum sichtbar. Davon abgesehen ist es dort auch noch besonders kuschelig. Von ihrem Platz aus entgeht der kleinen Katze rein gar nichts! Zumindest nichts, dass in diesem Raum vor sich geht. Gerade sind ihre Menschen wieder einmal irgendwo unterwegs, wie in letzte Zeit fast immer. Seit ein paar Tagen macht es den Eindruck, als wären sie besonders gestresst. Sie scheinen auch mit einem Mal weniger Zeit zu haben. Dauern brabbeln sie irgendwas von Weihnachten. Es sind auch nicht nur die Erwachsenen, die ein wenig seltsam sind, sondern auch die Kinder. Aber gut, Menschen muss man nicht unbedingt verstehen, so viel Ahnung von der Welt hat Mira. Für sie ist wichtig, dass im Haus alles in Ordnung ist.

Mit einem Gähnen streckt sich Mira ausgiebig, ehe sie ihr warmes Körbchen langsam verlässt. Zeit um ein wenig durchs Haus zu patrouillieren. Wenn schon die Menschen nicht zu Hause sind, muss wenigsten die Katzen zusehen, dass alles in Ordnung ist. Mit eleganten Schritten bewegt sich die kleine, grau getigerte Katze in die Richtung der Futterstelle. Die wichtigen Sachen zuerst! Neugierig schnuppert sie an dem Fresschen bevor sie sich leise schnurrend darüber hermacht. Nach wenigen Minuten hat Mira auch schon genug gefressen und reinigt noch schnell ihren Pelz, ehe sie mit ihrem kleinen Kontrollgang fortfährt. Wachsam tapst die kleine Katze los. Ungefähr seid die Menschen sich so seltsame Verhalten, scheint hier auch irgendetwas vorzugehen. Bisher hat Mira allerdings noch nicht herausgefunden was es ist.

Auf leisen Pfoten geht es langsam durch das Haus. Alle paar Meter bleibt Mira stehen, zieht ihr kleines Näschen kraus und zuckt neugierig mit den Ohren. Wieder nichts! Keine Spur von den komischen Dingern, die in letzter Zeit überall herumzufliegen scheinen. Leise grummeln setzt Mira ihren Rundgang fort. In jedem Raum nimmt sie sich ausgiebig Zeit um alles zu Kontrollieren. Mit ihrer feinen Nase schnuppert sie an jeder Ecke oder Kante, damit ihr auch ja nichts entgehen kann. Aber alles ist vergebens. Das Kätzchen kann keine Spur von den vermuteten Eindringlingen entdecken. Nicht einmal das kleinste Fitzelchen ist zu entdecken! Nach einer guten Stunde macht es sich Mira, mangels eines Ergebnisses, wieder in ihrem Körbchen bequem. Kaum dass sie sich eingerollt hat, erklingt es ganz leise! Ein helles, glockenklares Kichern dringt an ihre Ohren.

Sofort springt Mira wieder von ihrem Körbchen auf. Mit wachsam aufgestellten Ohren versucht sie den Ursprung des Kicherns zu finden. Doch nichts. So schnell und unerwartet wie es gekommen war, ist es auch wieder verschwunden. Fast als wäre es nie dagewesen. „Dich erwisch ich schon noch!“, grummelt die kleine Katze aufgebracht, bevor sie sich wieder in ihrem Körbchen zusammenrollt.

Während der nächsten Wochen ist Mira besonders aufmerksam. Es kann ja schließlich nicht sein, dass sich etwas vor ihr verstecken kann! Jede Ecke ihres Reviers wird sorgsam überprüft um jedes auch noch so kleine Versteck auszumachen. Aber die Stimme bleibt vorerst verschollen. Allerdings kann das Kätzchen immer wieder einen Blick auf etwas Glänzendes erhaschen. Meistens nur aus den Augenwinken heraus und sobald sie ihre Aufmerksamkeit dorthin richtet, ist verschwunden. Da könnte sich das kleine, grau getigerte Fellknäuel richtig grün und blau ärgern! Immer so knapp davor dieses Etwas endlich zu erwischen. Aber wenigsten haben ihre Menschen immer etwas Zeit für sie, sonst würde Mira wirklich durchdrehen.

Am Vorabend der Heiligen Nacht ist es schließlich so weit. Mitten in der Nacht dringen seltsame Geräusche an die Ohren der Katze. Erst schaffen sie es gar nicht, Mira aus ihrem Schlummer zu reißen. Doch dann ist der Lärm so penetrant, dass es schließlich doch gelingt. Mit zuckenden Ohren streckt sich das Kätzchen gähnend bevor sie sich daranmacht, den Geräuschen zu folgen. Weit muss sie dabei nicht gehen. Oder gar lange suchen! Der Ursprung des ganzen Krawalls liegt fast direkt vor ihrem Körbchen. Nur wenigen Katzensprünge entfernt schwebt ein kleiner Tannenbaum in der Luft.

Verwirrt schaut Mira das schwebende Bäumchen an und zuckt mit den Ohren. Leise, helle Stimmen erklingen rundherum. Obwohl niemand zu sehen ist! „Nein, weiter nach links!“, ruft ein Stimmchen aufgeregt ehe ein anderes antwortet: „Nein, weiter nach rechts und nach hinten!“ So geht es eine ganze Weile dahin, ohne das Mira jemanden entdecken kann. Dafür wird der schwebende Baum immer verführerischer, wie er so umherschwebt und sich jeder Ast leicht wiegt sowie der Duft der Nadeln den Raum erfüllt. Durch die Stimmen abgelenkt, tapst Mira immer ein paar Schritte nach vorne, bevor sie sich wieder zurückbewegt. So ganz geheuer ist ihr die Sache nicht. Das Fell steht leicht von ihr ab, sodass sie etwas größer und flauschiger als sonst wirkt.

Langsam aber sicher kommt Mira dem schwebenden Baum immer näher. Ihre Augen sind auf die sanft schwingenden Äste gerichtet, während sie mit kleinen, leisen Schritten immer näherkommt. Jedes Mal, wenn die hellen Stimmen aus dem Nichts erklingen, zuckt sie erneut mit ihren Ohren und lässt ihre Augen wachsam umherwandern. Scheinbar sind sich die Stimmen endlich einig geworden, wo sie das Bäumchen platzieren wollen. Kaum, dass sich der zukünftige Christbaum an seinem Platz befindet, ist auch Mira in sprungreichweite. Keine Sekunde vergeht, da springt auch schon ein grau schwarz getigerter Strich direkt auf das Bäumchen zu. Es erklingen mehrere überraschte Schreie aus dem nichts, ehe der Baum mitsamt dem Kätzchen umfällt.

Nach ein paar Minuten haben sie die hellen Stimmchen wieder beruhig. Mira krabbelt langsam, aber völlig zerzaust unter dem Baum hervor. „Jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen!“, jammert ein glockenhelles Stimmchen während sich das Kätzchen ordentlich durchschüttelt um die Nadeln aus dem Fell zu bekommen. Anschließen schaut sich Mira erneut um. Wieder ist nichts zu sehen, außer dem gestürzten Baum und den ganzen, grünen Nadeln, die nun auf dem Boden verstreut liegen. Mit aufgestellten Ohren sucht Mira nach dem Ursprung der Stimmen. Derweil beginnt der Baum wieder zu schweben. Wie von Zauberhand schweben die Nadeln vom Boden hinauf und vervollständigen die Äste des Bäumchens wieder. Jeder Nadel kommt wieder genau an ihren Platz.

Wie verzaubert schaut Mira den Nadeln nach. Als eine direkt an ihrer Nase vorbei schwebt, kann sie einfach nicht wiederstehen. Sofort schießt ihre rechte Pfote nach oben und versucht das grüne Ding zu erwischen. Zwar kann sie die Nadel kurz aus ihrer Flugbahn bringen, aber trotzdem schwebt sie unbeirrt wieder zum Baum zurück. „Und was machen wir jetzt mit der Katze?“, erklingt eine Stimme fragend. Mit schief gelegtem Kopf setzt sich Mira auf ihren Hintern und sucht erneut die Luft nach dem Ursprung der Stimmen ab. Es dauert eine Weile, aber dann ist sie sich sicher, dass sie dort einen leichten Schein erkennen kann. Als Mira mit leicht zugekniffenen Augen genauer hinsieht, werden die Gestalten langsam sichtbar.

Dabei handelt es sich um Gestalten, nicht größer als kleine Kinder mit lockigen Haaren in allen möglichen Farben. Auch die Haut der Kleinen gibt es in den unterschiedlichsten Tönen. Aber besonders auffällig sind die weißen, vogelartigen Flügel welche aus ihren weißen Kleidchen hervor lugen. Immer wieder flattern sie mit diesen Schwingen! Miras Augen fixieren die augenscheinlich weichen Flügelchen fasziniert ehe sie sich langsam zusammenkauert, bereit zu springen. Doch bevor die kleine Katze ihr Vorhaben in die Tat umsetzen kann, flattert eines der geflügelten Kinder zur ihr herab und krault sie zwischen den Ohren. „Ihr Katzen macht immer Problem mit den Bäumen. Ihr wollt immer hinaufklettern oder das glitzernde Zeug erwischen“, meint es mit freundlicher, heller Stimme. Ein breites Grinsen ziert mit einem Mal das Gesicht des Engleins. „Ich weiß genau was wir mit dir nun machen!“, ruft es vergnügt auf. Dann gehen sie auch schon fleißig an die Arbeit.

Als es dann am Heiligen Abend klingelt, als Zeichen für die Bescherung, ist alles genau so vorbereitet wie es sich der Engel ausgedacht hatte. Als Miras Familie vor dem wunderschön geschmückten Christbaum steht, unter welchem sich die Geschenke stapeln, krabbelt von dort unten, begleitet von leisem Klingeln, Mira hervor. Das Kätzchen hat ein Schleiflein und ein Glöckchen bekommen, sodass sie auch zu den anderen Geschenken passt. Der Baum selbst hat die ganzen Weihnachtsfeiertage seine selige Ruhe vor der kleinen Katze, während diese sich über ein paar Streicheleinheiten mehr freuen kann.

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4 Antworten zu Das Kätzchen und der Christbaum

  1. Pingback: Weihnachtswünsche 2015 | Nekos Geschichtenkörbchen

  2. monni schreibt:

    Sehr schöne Geschichte. Ich wünsche Dir ein wunderschönes Fest! LG, Monni

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  3. Dieter schreibt:

    Eine sehr schöne Geschichte…. ich wünsche dir einen schönes entspanntes Weihnachten.
    LG Dieter

    Gefällt 1 Person

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